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Orgelkonzert zum Kirchweihsonntag 2024
20.10.2024@17:00 Uhr - 18:00 Uhr
Brausende Orgelklänge und Sphärenmusik
Dr. Ronny Krippner gibt begeisterndes Orgelkonzert in St. Sebastian
Im nunmehr dritten Orgelkonzert seit der Renovierung und Neuintonation der Zeilhuber-Orgel durch die Fa. Orgelbau Jann hat sich gezeigt, dass sich immer mehr Besucher an den Klängen der Orgel erfreuen wollen.
Etwa 200 Zuhörer, darunter Freunde, Verwandte und alte Weggefährten, hatten sich in St. Sebastian versammelt, um Dr. Ronny Krippner nach dem Konzert mit seinem Kathedralchor aus Ripon, UK, jetzt als Orgelsolist erleben zu wollen.
Nach der Begrüßung durch Stadtpfarrer Bernd Philipp, der auch Ronny Krippners Bezug zur alten Heimat herstellte, zeigte der Interpret im „Final aus der Sonate No. 1, op 42“ von Alexandre Guilmant, dass er dieses wegweisende Werk mit höchstem Spirit uns sensibelster Ausdruckskraft zu interpretieren vermag – waren doch die insgesamt 8 Sonaten für Orgel zwar am klassischen Standard orientiert, läuteten aber gleichzeitig eine Renaissance der Orgel und deren Literatur ein; beide hatten im 19. Jahrhundert beide an Bedeutung verloren. Nun vollzogen sich im Bereich der instrumentalen Spieltechnik entscheidende Veränderungen, da sowohl an die Organisten als auch in die Orgelbauer neue Maßstäbe gesetzt wurden.
Mit bewundernswerter Leichtigkeit – der große Fernseher in St. Sebastian ließ Krippners Orgelspiel zusätzlich visuell verfolgen – meisterte der Interpret die anspruchsvollsten Passagen, wobei er alle „Nebentätigen“ wie Umblättern (iPad) und Klangveränderungen mit der Setzeranlage selbst übernahm – und es so aussehen ließ, als sei dies das Selbstverständlichste der Welt.
Kaum zu glauben, dass Wolfgang Amadeus Mozarts „Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr, KV 594“ für eine Musikmaschine der damaligen Zeit komponiert wurde. Sensibelste Klänge und höchster musikalischen Ausdruck der sphärischen Orgelklängen in hoher Oktavlage (auch im Pedal) wechselten mit anmutig weichen Passagen und entsprechend volltönigerer Registrierung und zeigten einerseits den Zauber Mozartscher Musik für die Orgel und lösten andererseits das Bedauern aus, dass Mozart außer den Stücken für die Flötenuhr keine Werke für Orgel geschaffen hat.
Ronny Krippner hat es verstanden, diesem Werk durch eine gefühlvolle und doch ausdrucksstarke Interpretation die „Orgelkrone“ aufzusetzen und durch die Verwendung unterschiedlicher Registerkombinationen Mozart für die Orgel erlebbar zu machen.
Charles V. Standford ist trotz eines umfangreichen Schaffens leider nur noch in wenigen liturgischen Werken in der englischen Chormusik bekannt, obwohl er als Pionier des Einbaus irischer Volksmusik in seine Kompositionen eine große Bedeutung für die Nachwelt beanspruchen darf. Durch Studium in England natürlich auch von den Werken Georg Friedrich Händels und – obwohl dieser nie in England war – Johann Sebastian Bachs inspiriert, gelangen ihm Meisterwerke für die Orgel.
Ronny Krippner zeigte sich bei seiner Interpretation der „Fantasia und Toccata“ als genialer Interpret, dem harmonische Herausforderungen, gepaart mit klanglichen und fantasievollen Raffinessen (besonders in der Toccata) höchste Freude in der Ausarbeitung bereiten und der damit die Zuhörerschaft gänzlich in den Bann zieht. Technische Schwierigkeiten gibt es für ihn nicht, er überwindet sie mit spielerischer Leichtigkeit – sowohl im Manual- als auch im Pedalspiel.
Eine ganz andere Gefühlswelt vertont Jehan Alain. Sein „Le Jardin Suspendu“ („Der hängende Garten“) ist als „Traumfantasie“ für die Orgel gedacht. Exponierte hohe Passagen zeigen die Sehnsucht nach einer imaginären Zufluchtsstätte. Entsprechend „entrhythmisierte Klangfolgen, schwebende Akkordik und Melodik und andachtsvolle weiche Klangfarben liegen dem Werk zugrunde.
Bei Jehan Alain, der leider nicht sehr alt wurde, hat man in seinen Werken oft den Eindruck, dass er den Interpreten vor schwierigste Herausforderungen stellen will, seien es überkreuzte Hände wie bei der Traumfantasie oder Akkordpassagen in höchstem Tempo für die linke Hand bei den „Litanies“. Dieses Opus steht im völligem Gegensatz zur Traumfantasie: rasante tonleiterähnliche Passagen wechseln mit Melodie und deren Begleitakkorde in verschiedenen Oktavbereichen (verteilt auf beide Hände), gleichbleibenden Klangclustern in schnellen gebrochenen Akkorden und am Ende als Wiederaufgreifen und Fortführung des Beginns das gewaltige harmonisch herausragende Finale.
Ronny Krippner ist bei allen geforderten Finessen „Herr der Lage“. Viele Interpreten wechseln bei der angesprochenen „Hetzjagd“ der linken Hand diese Passage in die rechte – Ronny Krippner spielt das Original mit einer ihm eigenen Selbstverständlichkeit.
Die letzten Werke beweisen Krippners Improvisationstalent – Werke aus dem Stegreif, die jedesmal je nach Einfallskunst des Augenblicks unterschiedlich ausfallen.
Der Interpret gibt sich selbst nur das Thema (beim ersten Werk: Thema und Variationen über Händels „Marsch aus der Oper Scipione“) oder die Satztechniken vor. Bei der 2. Improvisation über das englische Seefahrerlied „Eternal Father, strong to save“ (auch bekannt aus dem Film „Titanic“) legt er nur die Satzfolge fest: Präludium, Adagio und Fuge.
Hier zieht Dr. Ronny Krippner alle Register seines Könnens und seines Instruments und erschafft das grandioses Finale eines großartigen Konzerts, dass die Vielfalt an Möglichkeiten der „Königin der Instrumente“ exemplarisch herausstellt und alle Freunde der Orgelmusik in Begeisterung versetzt.
Tosender, nicht enden wollender Applaus, Standing Ovations und als Zugabe das „Westminster Carillon“ von Jules Vierne beschlossen ein geniales Orgelkonzert, das sehr lange nachhallen wird.
Werner Stehbach